Ein Wasserflugzeug am Ossiacher See? Das war in der Zwischenkriegszeit keine Seltenheit. Auf vielen österreichischen Seen starteten und landeten Wasserflugzeuge, vielfach als Attraktion für den Fremdenverkehr, teilweise aber auch im Linienbetrieb. Das Wasserflugzeug auf diesem historischen Foto war als „Flugboot Nelly“ bekannt und vorwiegend am Wörthersee im Einsatz. Der Hangar war am Strand des ehemaligen Campingplatzes Kofler in Velden situiert.
Das Flugboot wurde mehreren Quellen zufolge von den Lohner-Werken gebaut. Die Wagen- und Waggonbaufabrik mit Sitz in Wien-Donaustadt war eines der „Hightech“-Unternehmen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Das Werk war ursprünglich auf luxuriöse Kutschen spezialisiert, stellte aber ab der Jahrhundertwende vorwiegend Motorräder, Lastkraftwagen und Autobusse, Straßenbahnen aber auch Flugzeuge her. Ab dem 23. April 1928 wurde der Donau-Bootssteg beim Kahlenbergerdorf als Ankerplatz für das Lohner Flugboot mit Kennzeichen A-51 verwendet. Anfang September 1928 wurde dann das Flugboot nach Pörtschach am Wörtersee verlegt und flog am 21. September seine ersten Runden über dem Wörthersee.
Ab dem Sommer 1929 startete „Nelly“ vom Steg am Kurpark in Velden oder von Pörtschach aus bis zu 20 mal täglich für Rundflüge über den Wörthersee. Ein Flug nach Pörtschach und retour kostete 15 Schilling und ein Wörthersee-Rundflug kostete 30 Schilling pro Person. Insgesamt konnten vier Personen transportiert werden. Fallweise – wie auf der historischen Fotografie belegt – wurden auch Anschlussflüge zum Ossiacher See und Millstätter See durchgeführt.
Emmerich Weismayer, ein tüchtiger Geschäftsmann aus Wien, verwirklichte sich damit seinen Traum vom Fliegen. Er ließ das Wasserflugzeug von Nelly Bercht, der Gattin des Klagenfurter Bürgermeisters Dr. Heinrich Bercht, auf ihren Namen taufen. Nach dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im Jahr 1938 wurde Emmerich Weismayer die Konzession für das Fliegen der Nelly entzogen. Als Nachfolger wurde eine Junkers W34 der deutschen Lufthansa für Rundflüge am Wörthersee eingesetzt. Das Winterlager von Nelly befand sich danach in der Wörthersee-Werft in Pritschitz. Im Winter 1941/1942 hielt das Dach der Schneelast nicht mehr stand, stürzte ein und Nelly wurde zerstört.
Am Foto: Flugboot „Nelly“ mit Kennzeichen A-51 vor dem Strandbad „Zur Linde“ in Bodensdorf. Nach der Luftverkehrsordnung B.G.B. Nr. 221/1935 wurde das Hoheits- und Eintragungskennzeichen auf OE-DEW geändert und nach dem Anschluss im Jahre 1938 erhielt es die deutsche Registrierung D-EDEW.
Der Lohner Type L war ein als Doppeldecker ausgelegtes Flugboot der Lohner-Werke. Als Weiterentwicklung des Lohner Types E besaß er einen stärkeren Austro-Daimler-Motor. Der Motor war auf Streben zwischen den Tragflächen montiert und trieb einen Druckpropeller an.
Spannweite | 10,25 m |
Länge | 16,20 m |
max. Startmasse | 1.700 kg |
Höchstgeschwindigkeit | 105 km/h |
Flugdauer | 4 Stunden |
Triebwerk | Austro-Daimler Reihenmotor 160 PS (119 kW) |
Quellenangaben:
Postkartensammlung Fred Zorn †
Seaplane Pilots Accociation Austria
Wikipedia